
1. „Urputze“ wie Kalk- oder Lehmputz sind wieder sehr willkommen. Vor allem, wenn es um ökologisches und gesundes Sanieren geht - u.a. wegen weniger Schadstoffen in den Wänden und ihrer regulierenden Wirkung. Wo verwendet man besser Lehm- als Kalkputze oder umgekehrt?
Lehmputze tragen mit ihrer großen Wasserdampfadsorptionsfähigkeit zu einem angenehmen Raumklima bei, sie puffern Feuchtespitzen ab und wirken in begrenztem Umfang gegen Gerüche und Schadstoffe. Dies schafft ein angenehmes und ausgeglichenes Raumklima. Kalkputze sind von Natur aus fungizid (alkalisch). Auf thermischen Wärmebrücken, die aus bautechnischen Gründen nicht zu sanieren sind, oder in nicht zu lüftenden Bädern ist ihre Oberfläche ggf. abweisender gegen Schimmelbefall. Die Verarbeitung von Kalkputzen ist insbesondere für den Laien anspruchsvoller als die Verarbeitung von Lehmputzen. Das gilt für die Untergrundvorbehandlung und für das Anhaften beim Auftrag. Im Rahmen der Nachhaltigkeit sind Lehmputze außerdem im Vorteil, das gilt zum einen für den Energieeinsatz im Herstellungsprozess. Insbesondere „erdfeuchter“ Putzmörtel benötigt nur ein Minimum an Energieaufwand. Zum anderen ist Lehm in Puncto Wiederverwendbarkeit unschlagbar, Lehm kann über Jahrzehnte hinweg beliebig oft wiederverwendet werden.
2. Welches Produkt ist Eurer Ansicht nach, dass „Signature-Produkt“ der Firma CLAYTEC und warum?
Der Klassiker unter den CLAYTEC Lehmbaustoffen ist seit mehr als 30 Jahren der Lehm-Unterputz mit Stroh. Er ist ideal für dicke Lagen geeignet, zum Beispiel auf unebenem Mauerwerk, für Wandflächenheizungen oder die Denkmalsanierung. Bis 35 mm können in einem Arbeitsgang aufgetragen werden. Der Lehm-Unterputz mit Stroh wird in den Lieferformen „erdfeucht“ und „trocken“ angeboten. Das erdfeuchte Material ist das absolut klimafreundlichste Produkt das aktuell auf dem Baustoffmarkt erhältlich ist. Erdfeuchte Lehmbaustoffe werden aus Grubenlehm hergestellt, dies bedeutet, dass bei der erdfeuchten Lieferform der Rohstoff im gleichen Zustand wie bei der Gewinnung verarbeitet wird. Der maschinelle Trocknungsvorgang entfällt vollständig, es ist somit kein Investment von Energie für die Produktion von erdfeuchten Lehmbaustoffen notwendig. In Anbetracht der aktuell weiter steigenden Ressourcenknappheit und den hohen Energiekosten sind erdfeuchte Lehmbaustoffe eindeutig die umweltschonendere Wahl. Ein weiterer Vorteil, der für alle Lehmbaustoffe gilt; es wird nur ein Minimum an Inhaltsstoffen benötigt, nämlich Sand und Lehm, dadurch ergeben sich dementsprechend weniger komplexe Lieferketten.
3. Was unterscheidet Eure Produkte von herkömmlichen Materialien im Putz-Segment wie Gips oder Zement, was die Thematik des Raumklimas bei Allergikern oder Asthmatikern angeht?
Wenn es um ein ideales Raumklima geht, dann ist Lehm genau der richtige Baustoff. Zum einen arbeiten Lehmbaustoffe als thermische Speicher, dies bedeutet sie wärmen den Innenraum bei niedrigen und kühlen ihn bei hohen Außentemperaturen. Lehmoberflächen sind diffusionsoffen und atmungsaktiv, so kann Wärme und Luftfeuchtigkeit aufgenommen gleichmäßig wieder abgegeben werden. Dies schafft somit eine stabile Temperierung, ein angenehmes Raumklima und mindert das Risiko von Schimmelbildung. Zahlen belegen die hervorragende Luftfeuchteaufnahme von Lehm, im Vergleich nach 12 Stunden in g/m². Gipsputz nimmt 10 g, Kalkputz 23 g und Lehmputz 72 g Luftfeuchtigkeit nach 12 Stunden pro m² auf (Quelle: Eckermann/Ziegert). Zum anderen bestehen CLAYTEC Lehmputze ausschließlich aus ursprünglichen, natürlichen Komponenten, darunter Tonmineralien, Sanden und Pflanzenfasern, wie z.B. Miscanthus oder Stroh. Damit bereichern sie jedes Zuhause mit einem Stück Natur. Sie binden außerdem in begrenztem Umfang Staub und Gerüche. Alle diese baubiologischen Eigenschaften sorgen für ein ideales Raumklima und Wohlbefinden und sind zusätzlich ein großes Plus für Allergiker.


4. Was ist die größte Herausforderung in der aktuellen Produktentwicklung?
5. Gibt es (objektiv) Nachteile von Lehmputzen/Anstrichen oder wo sollten diese nicht ohne Additive oder Versiegelung verwendet werden?
Lehmputze müssen grundsätzlich nicht versiegelt oder beschichtet werden, sie sind Eins zu Eins als Oberflächen-Finish im Raum erlebbar. Lehmputze können auch ideal in Bädern verwendet werden, durch die hervorragenden bauphysikalischen Eigenschaften, ihrer großen Wasserdampfadsorptionsfähigkeit, kann die Luftfeuchtigkeit im Raum gepuffert werden. Wärme und Luftfeuchtigkeit werden von den Lehmwänden aufgenommen gleichmäßig wieder abgegeben. Im direkten Spritzwasserbereich sollte Lehm auf Grund seiner Wasserlöslichkeit nicht verwendet werden.
6. Sind beim Baustoff Lehm bzw. Lehmputze und Anstriche noch Innovationsmöglichkeiten oder ist das Produkt so optimiert durch seine eigenen Faktoren, dass Innovation in der Produktentwicklung nachrangig zu betrachten ist?

Lehm als Baustoff hat bereits hervorragende Eigenschaften die uns die Natur gratis mitgibt, wie zum Beispiel die ideale Festigkeit des Materials. Die Voraussetzungen für die Nutzung von Lehm als Baustoff sind durch die eigenen Faktoren also bereits gegeben, dennoch gibt es auch weiterhin Möglichkeiten der Optimierung und Weiterentwicklung. Erst vor kurzem haben wir ein neues Produkt, den Lehm-Farbputz grob, präsentiert. Ein neuer Oberputz welcher in sechs verschiedenen, natürlichen Erd-Farbtönen verfügbar ist. Als Dicklagenmörtel ist der farbige Oberputz direkt auf dem Mauerwerk anwendbar. Er ist damit auch für Untergründe geeignet, die für den Auftrag eines Lehm-Dünnlagenfinishs wie YOSIMA Lehm-Designputz zu uneben wären. Der Lehm-Farbputz grob ist ein idealer Mörtel für Oberflächen des Rohbaus, deren Ebenheit einen einlagigen Auftrag erlaubt. Ein weiterer Anstrich oder eine Beschichtung sind nicht notwendig. Mit nur wenigen Arbeitsschritten kann mit dem Lehm-Farbputz grob eine individuelle und grob-strukturierte Lehmoberfläche geschaffen werden. Der eigenen Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
7. Wie beurteilt Ihr als gestandenes Unternehmen im Bereich Lehmbaustoffe die aktuelle Marktsituation und was erhofft Ihr Euch zukünftig?
Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Unser derzeitiger Umgang mit Energie und Rohstoffen entscheidet darüber, wie wir und vor allem unsere nachfolgenden Generationen, in den kommenden Jahren leben werden. Die EU-Kommission stuft daher das "Nachhaltige Bauen" als einen der sechs Leitmärkte der Zukunft ein. Zugleich sind 40% des Gesamtenergie-Verbrauchs in der EU dem Gebäudesektor zuzurechnen. Sie verursachen etwa 35% aller Treibhausgasemissionen. Ohne nachhaltige Baustoffe sind die Ziele der EU-Klimapolitik also nicht zu erreichen. Der Rohstoff Lehm hat eine Festigkeit die ihm die Natur gratis mitgibt, Ziel ist es diese natürliche Festigkeit zu nutzen um andere konventionelle Baustoffe teilweise zu ersetzen. Im Lehm steckt also die Zukunft des Bauens, er kann in seinem ursprünglichen erdfeuchten Zustand, nach Aufbereitung, direkt verwendet werden. Zukünftig kann im Lehmbau mit neuen Bemessungsregeln sogar bis zu vier Stockwerke erbaut werden. Die Wiederverwendbarkeit ist außerdem ein großes Plus, auch nach Jahrzehnten kann der Baustoff Lehm immer wieder weiter verwendet werden. CLAYTEC ist Spezialist auf dem Gebiet der ökologischen Baustoffe und mit über 35 Jahren Erfahrung der richtige Partner, um in diesem Bereich zu unterstützen. Wir wollen demnach noch mehr Menschen auf die Notwendigkeit des ökologischen Bauens aufmerksam machen. Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, unsere Natur und unsere Existenz zu unterstützen – und der Bausektor hat einen maßgeblichen Anteil daran.
