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Nachhaltiges Bauen

Seit geraumer Zeit ist in der Baubranche ein merkbarer Umschwung zu registrieren, der sich vor allem auf das Umdenken der Bevölkerung zurückführen lässt. Viele Menschen sind sich der Tatsache bewusst, dass der Klimawandel aus ihrem eigenen Handeln entstanden ist bzw. dass der Menschheit im Allgemeinen. Es wird von menschengemachten CO2 Emissionen durch Industrialisierung gesprochen.

Wirft man einen genaueren Blick auf die tatsächlichen Zahlen, wird schnell klar, dass der Anteil der menschenverursachten Emissionen, verhältnismäßig gering ausfällt. So beläuft sich der Austausch innerhalb des Kohlenstoffkreislaufs von Atmosphäre und Ozean (90 Milliarden) und Vegetation (60 Milliarden) auf ca. 150 Milliarden Tonnen Kohlenstoff im Jahr. Damit verglichen, erscheint der Ausstoß des Menschen von derzeit rund 8 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr eher unrelevant.

Tatsache ist allerdings, dass der Kohlenstoffkreislauf vor der durch die Menschen forcierten Industrialisierung über Jahrtausende hinweg stabil war. Die vom Menschen verursachten, zusätzlichen Ausstöße beeinflussen dagegen das ausbalancierte Verhältnis nachhaltig und stören das ökologische Gleichgewicht.

Es ist also an uns, umzudenken und die Ausstöße zu minimieren, bzw. Wege zu finden, wie wir diese neutralisieren können, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.

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Sustainable Global Development Goals (SDG)

Im Juni 1992 verabschiedeten mehr als 178 Länder auf der „Earth Summit“ in Rio de Janeiro die Agenda 21, einen umfassenden Aktionsplan zum Aufbau einer globalen Partnerschaft für eine nachhaltige Entwicklung zur Verbesserung des menschlichen Lebens und zum Schutz der Umwelt.

Die 17 Ziele, die dabei bis heute angestrebt werden, nehmen erheblichen Einfluss auf verschiedenste Branchen und wirken sich auch auf das Bauwesen aus. Dabei sind Trends wie „Ökologisches Bauen“ und „Green Living“ bereits in den Köpfen der Menschen angekommen und gewinnen weiterhin an Relevanz.

Die Ziele:

  1. Keine Armut
  2. Null Hunger
  3. Gute Gesundheit und Wohlbefinden
  4. Qualitätsbildung
  5. Gleichheit der Geschlechter
  6. Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen
  7. Erschwingliche und saubere Energie
  8. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
  9. Industrie, Innovation und Infrastruktur
  10. Reduzierte Ungleichheiten
  11. Nachhaltige Städte und Gemeinden
  12. Verantwortungsbewusster Verbrauch und Produktion
  13. Klimaschutz
  14. Leben unter Wasser
  15. Leben auf dem Land
  16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
  17. Partnerschaften für die Ziele

Der Einfluss auf den Wohnungsbau

Während die Bekämpfung von Hunger und Armut, sowie das Anstreben der Gleichheit der Geschlechter und das Eintreten für eine gute Bildung selbstverständlich ehrenwert und vor allem zwingend notwendig sind, so haben sie wenig Einfluss auf die Baubranche. Andere Ziele dagegen haben bereits indirekt Veränderungen bewirkt.




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Ziel 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern

Erneuerbare, nachhaltige Energien sind vor allem in Deutschland ein zentrales Thema des Klimaschutzes. Hinzukommt, dass sie besonders sichtbar für die Bevölkerung sind. Fährt man im Norden des Landes die Landstraße entlang, fallen einem die Windparks sofort ins Auge. Diese tägliche Konfrontation mit erneuerbaren Energien und der Notwendigkeit dahinter umzudenken, verankert sich im Gedächtnis vieler Menschen und spiegelt sich auch in ihren Bedürfnissen beim Wohnungsbau wider. Doch auch die Politik nimmt maßgeblichen Einfluss, ist es doch erklärtes Ziel der Bundesregierung ab 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand vorweisen zu können.

So besteht beispielsweise ab einer Wohnfläche von 50m² die Nutzungspflicht, anteilig auf erneuerbare Energie zurückzugreifen und die Pflicht eines sogenannten Energieausweises. Die Heizungsanlage ist quasi der Dreh- und Angelpunkt zum Erreichen der selbst gesetzten Ziele. Sogenannte „Grüne Wärme“ steht dabei besonders im Fokus. 2017 arbeitete in 64,6 Prozent der neu gebauten Wohnanlagen eine Heizungsanlage, die mit erneuerbaren Energien funktioniert, wobei in 43,3 Prozent der Gebäude erneuerbare Energien auch tatsächlich als primäre Energiequelle genutzt wurden.

Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten

Im Rahmen der SDGs soll bis 2030 die Verstädterung inklusiver und nachhaltiger gestaltet werden. Das betrifft zunächst die öffentliche Infrastruktur, gilt jedoch ebenfalls für Neubauten, welche sich sinnvoll in die Konzeption der Städte integrieren lassen sollen. Inklusion ist für Bauherren schon seit langem ein nicht zu vernachlässigender Punkt. Nicht nur Menschen mit Behinderung haben ein Anrecht auf barrierefreie Zugänge zu ihrem Wohnraum, sondern auch die Bedürfnisse ältere Menschen sollten bestmöglich berücksichtigt werden. Nachhaltige Städte zeichnen sich zudem durch innovative, umweltbewusste und ganzheitliche Planungsansätze aus. Darunter fällt auch der nachhaltige Wohnungsbau.

Ziel 12: Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen

Die Weltbevölkerung konsumiert gegenwärtig mehr Ressourcen, als die Ökosysteme bereitstellen können. Das betrifft neben der Lebensmittelindustrie auch nahezu alle Industriezweige. Vor allem die Verwendung vieler Rohstoffe zur Weiterverarbeitung muss überdacht werden, da diese schon bald zu knappen Gütern werden können. Beim Wohnungsbau wird daher verstärkt auf umweltverträgliche Baustoffe und nachwachsende Rohstoffe gesetzt. Viele Natürliche Baustoffe eignen sich dabei ebenso gut wie synthetische Produkte.

Vergleicht man beispielsweise herkömmlichen chemischen Isolierschaum mit natürlichen Dämmstoffen wie beispielsweise Flachs oder Schafwolle, erkennt man schnell das die bauphysikalischen Eigenschaften erstens nicht weit auseinander liegen und zweitens das mit Blick auf die Umweltverträglichkeit deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn auf ökologische Baustoffe gesetzt wird. Viele Bauherren sind sich dessen schon lange bewusst und versuchen stehts neue nützliche Rohstoffe bei der Bauplanung zu berücksichtigen. So wird beispielsweise die Dämmung mit Seegras immer verbreiteter und Spanplatten, welche aus einem Drittel aus Popcorn, also verarbeitetem Mais bestehen hergestellt. Wobei dieses Beispiel deutlich aufzeigt, dass sich auch die Industrie ganzheitlich mit dem Thema beschäftigt und bemüht ist neue Wege zu gehen, da diese offensichtlich nachgefragt werden.

Diese Entwicklung findet nicht zuletzt wegen der politischen Entscheidungen und den veränderten Kundenwünschen steht, welche sich indirekt auf die Ziele der SDG zurückführen lassen.

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European Green Deal

Ein ganzheitlicher Ansatz ‒ Nachhaltigkeit und Klimaschutz in allen Bereichen etablieren

Der Europäischer Grüne Deal ist ein von der Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Beim European Green Deal handelt es sich um eine neue Wachstumsstrategie, mit der die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll. Außerdem soll das Naturkapital der EU geschützt, bewahrt und verbessert und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen geschützt werden.

Ähnlich wie die SDGs handelt es sich bei dieser Strategie um ein ganzheitliches Konzept, welches in verschiedensten Bereichen Anwendung finden soll, wobei in diesem Fall die Wirtschaft weiter im Vordergrund steht.

Wie sich der Europäische Grüne Deal auf die Immobilienwelt auswirkt

Auf den Gebäudesektor fallen in etwa vierzig Prozent des jährlichen Energieverbrauch zurück, daher sieht der Green Deal für diesen zunächst das Thema energie- und ressourcenschonendes Bauen und Renovieren vor. Mit Hilfe einer überarbeiteten Bauprodukteverordnung soll sichergestellt werden, dass die Gestaltung neuer und renovierter Gebäude zu einer verstärkten Digitalisierung und Sicherung der Klimaverträglichkeit des Gebäudebestands führt.

Auf das Baugewerbe entfallen über 35% des gesamten Abfallaufkommens in der EU. Die Treibhausgasemissionen aus der Rohstoffgewinnung, der Herstellung von Bauprodukten, dem Bau und der Renovierung von Gebäuden werden auf 5-12% der der deutschen Treibhausgasemissionen geschätzt. Durch Verwendung von alternativen Rohstoffen und einer verbesserten Materialeffizienz könnten 80 % dieser Emissionen eingespart werden.

 

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Umweltverträglichere Baustoffe

Ein zentraler Punkt bei der Realisierung seien laut Experten die Verwendung von alternativen und umweltverträglicheren Baustoffen. Neubauten, welche sich selbst versorgen oder sogar mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen sind dabei durchaus realisierbar. Die erhöhten Baukosten könnten dabei bereits nach knapp sieben Jahren durch die erzielte Energie-Einsparung amortisiert werden.

Zur Erreichung einer positiven Ökobilanz von Neubauten spielen neben erneuerbaren Energien wie Photovoltaikanlagen und einer guten Dämmung durch Stroh oder Schafwolle auch die verwendeten Baustoffe eine wichtige Rolle. Dabei sind neben Holz auch Lehm oder Recyclingbeton interessante Alternativen.

Bei der Verwendung von Holz als primären Baustoff können beispielsweise zwischen 35 und 56 Prozent Kohlendioxid beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern eingespart werden. Von zentraler Bedeutung ist jedoch die regionale Verfügbarkeit der jeweiligen Baustoffe. Lange Transportwege sind bekanntlich pures Gift für die Ökobilanz.

Fazit

Zum Erreichen der von UN und EU formulierten Zielen der SDGs und des European Green Deal müssen in zahlreichen Bereichen innovative Lösungsansätze verfolgt werden und konventionelle Prozesse überarbeitet werden. Dies trifft vor allem auch auf die Immobilienwelt und den Gebäudesektor zu. Aufgrund des nicht unerheblichen Anteils an CO2 Emissionen, wirken sich positive Entwicklungen in diesem Bereich stark auf das Gesamtziel aus.

Die neuen Herausforderungen haben sich jedoch bereits seit einigen Jahren abgezeichnet und es gibt bereits spürbare Veränderung beim Bau von neuen Wohnanlagen und anderen Immobilien. Die Lösung besteht letztendlich darin, sich gegenüber erneuerbaren Energien zu öffnen und bei der Wahl der verwendeten Baumittel stärkeren Fokus auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu setzen. Möglichkeiten gibt es genug, dass konnten bereits zahlreiche Neubauten eindrucksvoll unter Beweis stellen.