
Fast ein Drittel des globalen Endenergieverbrauchs und etwa ein Fünftel aller Treibhausgas-Emissionen entfallen auf Gebäude. Die Energienutzung von Gebäuden in Europa ist in den meisten Fällen ineffizient und ressourcenintensiv. Sollte in nächster Zeit kein Umdenken stattfinden, ist bis 2050 mit einer Verdopplung oder Verdreifachung des weltweiten Endenergiebedarfs von Gebäuden zu rechnen.
Dieser Entwicklung kann jedoch durch ein schnelles Handeln entgegengewirkt werden. Bauherren, die sich mit energieeffizientem Wohnen bereits während der Planung auseinandersetzen, winken viele Vorteile: der Wert ihrer Immobilien wird steigen, die Gebäude werden resistenter gegenüber Beschädigungen, bieten bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Eigentümer und Nutzer und verzeichnen weniger Leerstand.
Wie sich der Klimawandel auf den Bausektor auswirkt
Um dies zu erreichen, raten Experten zum Einsatz verschiedener Technologien:
· Effizienz: Gebäudedämmung, Wärmerückgewinnung
· Erneuerbare Energien: Wärmepumpen, Photovoltaik
· Baustoffherstellung: Wasserstoff statt Kohle (Stahlproduktion), Speicherung von CO2 (Zementherstellung) etc.
Der Leitsatz ist dabei stets der gleiche: Es geht um Optimierung der bestehenden Infrastruktur und nicht um die Schaffung neuer Projekte.
"Einer der wichtigsten Grundsätze, die wir vertreten, lautet: Abriss vermeiden. Die graue Energie, die in jedem Gebäude steckt, ist unwiederbringlich verloren, wenn wir sie abreißen." (Veit Burgbacher vom Verein Architects for Future)

Aktiver Klimaschutz
Klimaschutz ist zentraler Bestandteil von nachhaltigem Bauen. Nachhaltigkeit bedeutet, nicht mehr zu verbrauchen als wieder nachwachsen kann.
- Der ökonomische Aspekt der Nachhaltigkeit umfasst im Bausektor vor allem die sogenannten „Life-Cycle-Costs“ (LCC), sowie Wirtschaftlichkeit und die Wertstabilität.
- Auf sozial-kultureller Ebene liegt der Fokus auf der menschlichen Gesundheit und Wohnkomfort
- Aus ökologischer Sicht müssen Ressourcen geschont werden, die Biodiversität erhalten, eine Energieeffizienz gewährleistet, sowie möglichst wenig Fläche beansprucht werden.
Graue Energie
„Die graue Energie eines Produktes ist die benötigte Energie für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung. Berücksichtigt werden auch alle Vorprodukte bis zur Rohstoffgewinnung, als auch der Energieeinsatz aller angewandten Produktionsprozesse.“
Graue Energie, also Energie, welche bereits in den Materialien von Gebäuden verbaut ist oder künftig eingesetzt werden soll, steht im Mittelpunkt vieler Debatten, wenn es um Klimaschutz im Bauwesen geht. Graue Energie und graue Emissionen (fallen bei der Herstellung von Baumaterialien an) gelten derzeit als Hauptfaktoren für Klimaschutz beim Neubau.
Laut BBSR macht graue Energie ca. ein Viertel der gesamten Emissionen eines herkömmlich errichteten Gebäudes aus. Der Rest entsteht durch den Energieverbrauch während der Nutzung des Gebäudes.
Bei einem Neubau (KfW55) macht die graue Energie etwa 50 % des Energieverbrauchs im Lebenszyklus aus. Mit Hilfe von sogenannten Lebenszyklusanalysen können die graue Energie und die grauen Emissionen eines Gebäudes schnell und kostengünstig ermittelt werden. Mit Hilfe der prognostizierten Daten können Förderungen leichter gewonnen und Ordnungsrechte besser bedient werden.
Klimaangepasstes Bauen
In den letzten dreißig Jahren konnte eine deutliche Zunahme an Gebäudeschäden verzeichnet werden, welche aus extremen Wetterbedingungen resultieren. Gebäude sind immer häufiger von verschiedenen Folgen des Klimawandels betroffen, darunter:
- Starkwinde
- Hitze
- Erhöhte Niederschlagsmengen
- Überschwemmungen
- Waldbrände
Ohne neue Planungsansätze und Investitionen wird die Verwundbarkeit von Gebäuden gegenüber äußerlichen Einflüssen noch weiter zunehmen. Dabei ist der Grad der Schadensanfälligkeit von Gebäuden abhängig zu deren Standort. Die Auswirkungen des Klimawandels haben somit direkten Einfluss auf die Baubranche und müssen zukünftig besser berücksichtigt werden.

Durch erhöhte Niederschläge kommt es zu gehäuften Bauverzögerungen und dadurch zu höheren Kosten. Zudem werden häufigere und stärkere Hitzewellen Änderungen in der Gebäudeplanung erforderlich machen. Aufgrund steigender Temperaturen wird auch die Nachfrage für Klimatisierungen steigen. Diese wird sich Prognosen zufolge um mehr als das zehnfache steigern.
Darüber hinaus wird der Bedarf an Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten durch den Einfluss der Witterungsbedingungen steigen.
Exkurs: Städtische Wärmeinseln
Die städtische Wärmeinsel ist ein Phänomen des Stadtklimas. Sie entsteht durch Temperaturunterschiede zwischen Stadt und Umland, welche zum Teil bis zu 10 Grad Celsius betragen können. Folgende Gegebenheiten haben dabei Einfluss auf das Stadtklima:
· Gebäudegeometrie
· Thermische Eigenschaften von Bausubstanzen
· Strahlungseigenschaften von Gebäude-Oberflächen
Umso schlechter diese Parameter mit Berücksichtigung des Klimawandels umgesetzt werden, desto häufiger kommt es sowohl zu menschenunfreundlichen (Hitzestress), sowie umweltschädlichen (erhöhter Energieverbrauch) Auswirkungen.
Energieffizient wohnen
Bis zum Jahr 2050 soll mit Hilfe von Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und technologischen Innovationen ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand entstanden sein. Dies setzt eine gezielte Förderung dieser Themen voraus.
Dabei wird heutzutage noch nicht ausreichend zwischen Energieverbrauch und Modernisierungskosten unterschieden. Modernisierungskosten müssen sich entgegen der gängigen Auffassung nicht allein durch erzielte Energieeinsparung refinanzieren lassen können. Viel mehr gilt es, die zusätzlichen Vorteile einer Modernisierung (Steigerung des Wohnkomforts/ des Wohnwertes) mit einzuberechnen.

Dabei gilt, dass sich vor allem Sanierungen alter Wohngebäude finanziell lohnen, da die Infrastruktur vorhanden ist und bereits kleinere Verbesserungen der Dämmeigenschaften eine deutliche Wertsteigerung mit sich bringen und gleichzeitig auf die gewünschten Klimaziele einzahlen. Zudem trägt eine energetische Modernisierung zu einem gesenkten Energieverbrauch bei und kann somit den erforderlichen Einsatz von Öl & Gas senken.
Für eine sachgerechte energetische Modernisierung sollte ein individuelles Modernisierungskonzept (Sanierungsfahrplan) für das Gebäude erstellt werden, anhand dessen eine effiziente Investition getätigt werden kann. Dabei sollten die Punkte Wertsteigerung und Vermietbarkeit des Gebäudes Bemessungsgrundlage für die Planung der einzelnen Schritte sein.
Im Detail geht es hier um eine effizientere Nutzung von Energie durch moderne Heizungsanlagen und eine Verringerung der Wärmeverluste durch eine effiziente Gebäudehülle. Dazu gehören neben Wand- und Dachflächen auch Fenster.
Fazit
Klimaschutz beim Bauen fängt bei der Planung an. Als erstes sollte sich stets die Frage gestellt werden, ob neu gebaut werden muss oder ob es Objekte gibt, welche durch Sanierung den Zweck ebenfalls erfüllen können. Die äußerlichen Faktoren müssen ebenso mit in die Entscheidungsfindung einbezogen werden wie neueste Entwicklungen im Bausektor, Innovationen im Baustoffbereich oder standortabhängige, sowie psychologische Aspekte. Es reicht nicht, den Energieraufwand für die Bauphase zu berechnen, sondern der gesamte zu erwartende Lebenszyklus eines Gebäudes muss zur Berechnung von grauer Energie und grauen Emissionen herangezogen werden. Erst wenn alle Faktoren betrachtet worden sind, kann die Planung in die nächste Phase übergehen.