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Hanf als Baustoff

Cannabis ist eine bemerkenswert vielseitige Nutzpflanze, die der Mensch seit Jahrtausenden kultiviert. Aus den Samen lassen sich Lebensmittel, Farben und Brennstoffe herstellen. Aus den schnellwachsenden Hanffasern können Textilien, Papier sowie Dämm- und Heizmaterial gemacht werden. Während Viele die Hanfpflanze für ihre berauschenden sowie heilenden Wirkungen schätzen, möchten wir uns hier insbesondere auf Nutzhanf als Baustoff konzentrieren.

Damals die wichtigste Industriepflanze

Wo kommt Nutzhanf her?

Die Verwendung von Hanffasern lässt sich über viele Jahrtausende bis weit in die Menschheitsgeschichte zurückverfolgen. In Asien wurden bereits im 4. Jahrtausend vor Christus Hanffasern zur Seilherstellung genutzt, wie archäologische Funde belegen. In Europa wurde die Hanftextilherstellung ebenfalls durch Grabfunde aus der Zeit ca. 500 v. Chr. nachgewiesen. Im Mittelalter wurde Hanf dann in Europa neben dem Flachs zur wichtigsten Industriepflanze. Wie auch der Flachs wurde Hanf meist auf kleineren Flächen lokal angebaut. Wegen der großen Reißfestigkeit wurden daraus vor allem Segeltuche, Seile und Säcke gefertigt. Bis ins 18. Jahrhundert waren Hanffasern neben Flachs, Nessel und Wolle die wichtigsten Rohstoffe für die europäische Textilindustrie, wobei Hanf aufgrund der gröberen Fasern vor allem zur Herstellung von Ober- und Arbeitskleidung diente. Die Hanfverarbeitung nahm vor dem Import von Baumwolle und anderer exotischer Fasern wie Jute, Sisal und Ramie eine Schlüsselrolle in der Textilherstellung ein.

Dunkles Kapitel

Verbot von Nutzhanf

Im 19. Jahrhundert ging die Nutzung von Hanf aufgrund vermeintlich günstigerer Alternativen stark zurück. Es wurden Baumwoll-Spinnmaschinen erfunden, welche den Hanf im Textilsektor verdrängten. Für die Papierherstellung wurden billigere Holz- statt Hanffasern genutzt. So geriet der Hanf langsam in Vergessenheit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Nutzhanf in Europa nur noch auf Kleinstflächen angebaut und hatte zunehmend mit einem schlechten Ruf aufgrund seiner berauschenden Sorten zu kämpfen. Zwischen 1982 und 1995 wurde der Hanfanbau in Deutschland und vielen anderen Ländern sogar verboten, obwohl im Nutzhanf kaum Spuren von berauschendem THC zu finden sind. Durch den Druck Deutscher Bauern und Unternehmer:innen wird der Anbau von Nutzhanf ab dem 16. April 1996 wieder legal.

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Die unkomplizierte Pflanze

Wie wächst Hanf?

Hanf ist eine einjährige Pflanze und wächst in 100 Tagen bis zu vier Meter hoch. An Boden und Klima stellt er kaum Ansprüche, bevorzugt aber mittelschwere Böden mit guter Wasserversorgung. Unkraut und Schädlinge können ihm wenig anhaben. Damit ist er sozusagen prädestiniert für den Bio-Anbau. Die Anbautechnik unterscheidet sich je nach gewünschtem Endprodukt. Zur Herstellung von gesundem Salatöl werden nur die Hanfsamen geerntet und dann gepresst. Geschnitten werden die Samen mit Mähdreschern, welche leicht modifiziert werden und nur die obersten Teile der Pflanzen ernten. Für die Weiterverwendung der Hanffasern kultiviert man möglichst dicht wachsende Pflanzen mit langem Stengel.Deshalb wird sich beim Anbau meist auf eine Nutzungsvariante spezialisiert und der Rest der Pflanze sekundär verwendet.

Die gesamte Hanfpflanze ist nutzbar

Wie läuft die Hanfverarbeitung ab?

Um die Fasern zu entnehmen, müssen die abgeschnittenen Stängel zur Trocknung noch 2-3 Wochen auf dem Acker liegen bleiben und regelmäßig gewendet werden. So lösen sich die Fasern von den verholzten Pflanzenteilen und können später in Ballen gepresst werden. Dann lassen sich daraus traditionell Seile, Schnüre und Stoffe spinnen. Die verholzten Pflanzenteile lassen sich aber auch noch verarbeiten. Diese sogenannten Schäben wurden früher als Einstreu für die Tiere verwendet, heute lassen sich daraus Dämmmaterialien pressen. Die Hanffasern werden zu Dämmmatten oder Stopfdämmung verarbeitet, die verholzten Schäben zu Schüttdämmstoffen oder festen Platten. Aus dem Hanföl lassen sich Farben, Lacke und Kreiden herstellen. Somit ist die gesamte Hanfpflanze für den Hausbau nutzbar.

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Verwendung von Hanf in der Baubranche


Bauphysikalische Eigenschaften

Hanf ist diffusionsoffen und garantieren eine gute Feuchtigkeitsregulierung. Dadurch unterstützt er ein wohngesundes Raumklima. Die Produkte sind angenehm zu verarbeiten und bieten auch hohe Schalldämmung. Hanffasern enthalten kein Eiweiß und viele Bitterstoffe, deshalb entfällt eine Behandlung gegen Schädlinge wie Motten und Käfer. Da Hanf atmet und dadurch Feuchtigkeit schnell wieder abtransportiert, gibt es selten Probleme mit Schimmelbefall. Außerdem bietet Hanf einen sehr guten Hitzeschutz im Sommer.

Vielseitig einsetzbar

Hanfdämmung

Hanfmatten und Stopfwolle werden als Dämmung für die Wand, das Dach und Zwischenböden eingesetzt. Hanf ist gut hautverträglich und lässt sich staubarm verarbeiten. Ganz unbehandelte Dämmstoffe aus Hanf erfüllen die Anforderungen und Bestimmungen zum Brandverhalten in Bauwerken leider nicht. Den erforderlichen Brandschutz stellt das Imprägnieren des Rohstoffes mit Borsalz oder Soda sicher. Hierbei wird das Niveau der entflammbaren Baustoffklasse B2 erreicht. Baustoffe mit dieser Klassifizierung dürfen als Dämmung an und in Bauwerken montiert werden. Der Dämmwert von Hanfdämmung hat den U-Wert von 0,040 bis 0,045 Watt pro Meter und Kelvin (W/mK) und kann damit sowohl mit synthetischen Dämmstoffen wie Styropor (0,031 – 0,045 W/mK) und mineralischen Dämmstoffen wie Glaswolle (0,032 – 0,048 W/mK) mithalten.

Um den in der Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgeschriebenen Wert von 0,24 W/mK an einer Fassade zu erreichen, ist eine etwa 16 Zentimeter Dämmschichtstärke erforderlich.


Aus Hanfbeton oder Hanfsteinen

Hanfwände

Aus Hanfschäben, Kalk und Wasser lassen sich Hauswände herstellen. Diese haben aufgrund ihrer Porosität zwar nicht die Tragkraft einer Steinmauer, können aber in Verbindung mit einem Holzständerwerk konventionelle Bauarten optimal ersetzen. Der Hanfkalk kann auf der Baustelle ähnlich wie Beton angemischt werden. Anschließend wird er schichtweise in eine Verschalung gegossen und verdichtet. Nach einerTrocknungszeit von mindestens einem Monat können die Wände mit Kalk- oder Lehmputz endbeschichtet werden. Auch Holzverschalungen sind möglich. Alternativ zu dieser manuellen Methode lässt sich Hanfkalk auch per maschinellem Sprühverfahren verarbeiten. Dabei kommt i.d.R. nur eine einseitige Schalung zum Einsatz, die auf der Sprühseite offen ist. Durch den hohen Druck des Materialauftrags wird die Hanf-Kalk-Mischung verdichtet, sodass kein manuelles Stampfen mehr notwendig ist. Das Sprühverfahren benötigt weniger Wasser, wodurch die Trocknungszeit erheblich sinkt. Sie beträgt bei der maschinellen Verarbeitung nur mindestens zehn Tage. Alternativ kann man vorgefertigte Hanfbausteine zum Aufmauern verwenden. Die Steine werden fertig angeliefert und wie normales Mauerwerk mit Mörtel verarbeitet.

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